Keine Schlangen, keine Kassen, man nimmt, was man kaufen möchte und geht einfach raus. Was wie Ladendiebstahl klingt, ist das Prinzip von Amazon Go, dem ersten kassenlosen Supermarkt in den USA. Die Kunden können die Waren direkt in ihre Einkaufstaschen legen und das Geschäft am Ende einfach verlassen. Der Betrag wird dann über das Amazon-Konto des Nutzers abgebucht.

Amazon Go – wie funktioniert es?

Seit Januar 2018 gibt es den kassenlosen Supermarkt in Seattle. Damit das System auch wirklich die notwendige Marktreife erreicht, hatte Amazon die Eröffnung um etwa ein Jahr verschoben. Ermittelt werden die vom Kunden eingepackten Produkte durch Kameras und Sensoren, Erkennungsmerkmale an der Ware und Waagen in jedem Regalboden. Die Ladenbesucher benötigen nur die „Amazon Go“-App, müssen ihr Smartphone am Eingang einchecken und können dann alles einpacken, was sie brauchen. Die Technik registriert genau, welche Artikel ein Kunde aus dem Regal nimmt und auch in die Einkaufstasche packt. Diebstahl: so gut wie unmöglich! Am Ausgang hält der Käufer wiederum sein Smartphone an eine Schranke, um „auszuchecken“. Wenig später kommt die Rechnung von Amazon per E-Mail.

Datenschutz trotz Kameras und Tracking?

Im Amazon Supermarkt wird jeder Kunde auf Schritt und Tritt verfolgt. Das Unternehmen betont, dass keine Gesichtserkennung stattfinde, dennoch treibt die Vorstellung vielen Verbrauchern die Schweißperlen auf die Stirn. Denn: Durch die Abwicklung der Zahlung über das kundeneigene Amazon-Konto registriert das Unternehmen natürlich, welche Produkte wann eingekauft wurden. Und: Das System kann die sogenannte Customer Journey – die Reise des Kunden durch das Geschäft und seine Kaufentscheidungen – aufzeichnen, die Amazon bereits im Internet so gut zu verfolgen weiß. Was daraus folgt? Amazon kann in Zukunft besser auf die Bedürfnisse der Kunden reagieren und ihnen die Angebote machen, die sie haben wollen. Kritische Stimmen sehen in dieser Entwicklung jedoch einen weiteren Schritt hin zum gläsernen Kunden. Handelsblatt-Korrespondentin Britta Weddeling bringt die Kritik in ihrem Erfahrungsbericht treffend auf den Punkt: „Amazon Go ist so etwas wie eine sozialökonomische Studie über das Einkaufsverhalten des modernen Menschen, durchgeführt von Amazon. Die Kunden spielen freiwillig die Versuchskaninchen.“ Durch die Einführung der neuen Datenschutzgrundverordnung mag die Amazon Go-Innovation in Deutschland deshalb noch weiter in die Ferne rücken. Jeder Kunde müsste einer Datenerhebung vorab zustimmen und vor allem über alle aufgezeichneten Daten aufgeklärt werden.

Jobprofile verändern sich

Die Kunden sind nicht die einzigen, für die sich mit der Einführung eines kassenloses Hightech-Supermarktes etwas ändern wird. Kassierer und Kassiererinnen werden überflüssig, stattdessen braucht der Amazon Supermarkt technisch versierte Fachkräfte, die erkennen müssen, wann eine defekte Kamera ausgetauscht oder das Regalsystem neugestartet werden müssen. Im Hintergrund arbeiten für Amazon außerdem – wie aus dem Online-Handel gewohnt – Datenanalyse-Experten, die den durch die Kunden produzierten Datenstrom auswerten. Die Befürchtung, dass innovatives Einkaufen die Mitarbeiter ersetzen könnte, fegt Amazon proaktiv vom Tisch. „Der Kunde kann sie gar nicht übersehen, denn Amazon stellt seine Menschen im Schaufenster direkt neben dem Eingang aus. Hinter einer Glasscheibe belegen Köche mit weißen Hauben Ciabattabrot mit Tomaten, Mozzarella und Basilikum“, schreibt Britta Weddeling in ihrem Handelsblatt-Artikel.

Amazon Go auch in Deutschland?

Der Handelsverband NRW sieht das neue Supermarktmodell als nachvollziehbaren Schritt der Digitalisierung. Auch hierzulande macht man sich selbstverständlich Gedanken, wie Einkaufen technisch einfacher und bequemer für den Kunden gestaltet werden kann. Doch bis der Amazon Supermarkt zu uns kommt, wird es wohl noch etwas dauern. Bislang betreibt Amazon nur einen Lebensmittellieferdienst – Amazon Fresh – in den Städten Berlin, Hamburg und München.

Was meint ihr: Freut ihr euch schon auf einen Amazon Supermarkt bei uns? Oder seid ihr eher skeptisch?