„Öko“ ist seit einigen Jahren stetig im Aufwärtstrend. Schritt für Schritt zog das umweltbewusste Verhalten in immer mehr Lebensbereiche ein. Mit Recycling, Ökostrom oder dem Kauf von regionalen Produkten wird versucht, den eigenen ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Auch die Umweltverschmutzung durch Abgase ist gerade in großen Städten ein oft diskutiertes Thema. Inzwischen versuchen viele Menschen bereits bewusst, hohes Verkehrsaufkommen und damit Stau und Lärm zu vermeiden. Zum Beispiel, indem sie auf ein eigenes Auto verzichten und stattdessen auf das Fahrrad umsteigen oder Car-Sharing-Angebote nutzen.
Für Bewohner, die nicht nur ohne Auto leben, sondern auch noch in einem autofreien Umfeld wohnen möchten, gibt es inzwischen in einigen deutschen Städten Projekte, die solch ökologisches Stadtleben fördern. Derartige Stadtgebiete gibt es bereits einige in Europa. Das erste und gleichzeitig größte Viertel seiner Art mit 600 Bewohnern entstand 1996 in Amsterdam, allerdings eher aus der Parkplatznot heraus. Seitdem wurden in verschiedenen europäischen Großstädten sogenannte Öko-Viertel gebaut, von denen der Großteil auch autofrei oder wenigstens autoreduziert ist.
Bewohner des Kölner „Stellwerk60“ verzichten auf Autos
In Köln-Nippes beispielsweise wurde 2005 das „Stellwerk 60“ ins Leben gerufen. Im März 2013 wurden die letzten Gebäude fertig gestellt. Auf dem rund vier Hektar großen Areal gibt es keine Straßen, sondern nur Fuß- und Fahrradwege. Autos dürfen das ehemalige Bahngelände nicht befahren, Müllfahrzeuge, sowie Polizei- und Rettungswägen sind davon natürlich ausgenommen. Direkt angrenzend befindet sich eine Car-Sharing-Station. Auch die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ist gut ausgebaut und fördert die individuelle Mobilität. Einige wenige Stellplätze am Rand des Viertels sind Besuchern vorbehalten, die Mieter selbst verzichten laut Mietvertrag auf ein Auto.
Rund 1000 Menschen leben „Am Alten Stellwerk“ in Energiespar-Häusern – mit einer barrierefreien Zufahrt zur eigenen Fahrradgarage. Um Einkäufe oder Lasten auszuladen, geht es von dort mit einem Aufzug direkt in die Küche. Seinen Nachbarn begegnet man häufig draußen auf dem Rad oder in der sogenannten Mobilitätszentrale, wo Sackkarren oder Lastenfahrräder ausgeliehen werden können. Hier findet sich auch Party-Zubehör für gemeinsame Feste des Nachbarschaftsvereins im Viertel. Aufgrund des starken sozialen Zugehörigkeitsgefühls und der autofreien Zone, können auch die Kinder des Viertels ungefährdet draußen spielen und die Welt entdecken.
An den Objekten des „Stellwerk 60“ besteht daher generell großes Interesse, sodass Kauf- oder Mietanwärter sich bereits auf Wartelisten eintragen ließen. Auch das Fachpublikum ist auf die Siedlung aufmerksam geworden. Bei der Architekturschau plan12 war die Siedlung vor 2 Jahren als Ausstellungsobjekt in Lebensgröße vertreten. Unter dem Titel „Szenario lebenswerte Stadt – intelligente Konzepte für Mobilität, Klimaschutz und Gestaltung“ beschäftigte sich die Ausstellung mit den Themen Stadtentwicklung, Nachhaltigkeit und Klimaschutz.
Hindernisse auch ohne Auto
Doch ein Paradies auf Erden ist Utopie – auch in der kleinen Idylle stellen sich Probleme: Es wird vermutet, dass einige Bewohner entgegen des Mietvertrages doch heimlich ein Auto besitzen und damit die Parkplätze der angrenzenden Wohngebiete belegen. Der Sinn der Siedlung wird damit allerdings ad adsurbum geführt.
Weiterhin sind die Regelungen, wann und wie lange welche Autos das Viertel befahren dürfen, recht streng: Für Umzüge wird den Mietern nur jeweils eine Stunde zugestanden um den Möbelwagen zu bzw. zu entladen. Für ein Rentnerehepaar, das mit seinem ganzen Hausstand auszog gestaltete sich diese Vorschrift zum Problem. Letztendlich schuf die Stadt Köln – motiviert durch ein kritisches Medienecho – eine Ausnahmegenehmigung aufgrund des Alters der Bewohner.
Trotz allem sind solche Modellprojekte gute „Testläufe“ für eine ökologische Stadtentwicklung und zukünftige Mobilität. Die Nachfrage nach Vierteln dieser Art wird in den kommenden Jahren sicherlich noch steigen, allerdings ist eine stringent durchdachte Planung und eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Investoren, Stadt und Architekten eine wichtige Grundlage für klimafreundliches Leben in urbaner Umgebung.
Das hört sich ja toll an, scheint mir aber etwas lebensfremd. Auch die Stadt scheint ja wenig am Funktionieren solcher Modelle interessiert zu sein, siehe Umzug der alten Leute. Ich kann mir eine autofreie City gut vorstellen. Aber Wohngebiete ohne Autos? Da setzt man am falschen Ende an, das Chaos ist mitten in der Stadt.
Eigentlich eine super Idee. wusste gar nicht, dass es sowas in Köln gibt. Finde das auch nicht grundsätzlich lebensfremd. Aber bei Ein- und Auszügen sollte man bessere Ausnahmen machen. Durch solch ein Verhalten wird wieder ein eigentlich gutes Projekt diskreditiert.
Beste Grüße!
[…] den vergangenen Wochen haben wir uns hier auf dem Blog über Projekte wie autofreie Siedlungen (wie etwa in Köln-Nippes) oder alternative Fortbewegungsmittel (wie etwa E-Bikes) schon Gedanken […]