Die Idee dieses Artikels war es eigentlich, das Für und Wider der Elektromobilität gegeneinander zu stellen und so die Chancen und Risiken dieser Antriebsform zu beleuchten. Aber das ist leichter gesagt, also getan. Im Grunde ist es nämlich so, dass sowohl Gegner als auch Befürworter von E-Mobilität in der Regel ziemlich ideologisch unterwegs sind und ihre Position für die einzig wahre halten. Betrachtet man das Thema jedoch genauer, dann lässt sich für beide Seiten gleichermaßen eine Argumentation finden, ganz einfach deswegen, weil das Thema äußerst komplex ist.
Vergleich von Äpfeln mit Birnen
So ist beispielsweise bei der Frage der CO2-Bilanz ein Vergleich von Verbrennungsmotor mit E-Motor auf pauschaler Ebene immer auch ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen. Welcher Autotyp wird betrachtet? Wird die Herstellung des jeweiligen Fahrzeugs in den Vergleich einbezogen. Inklusive der Transportwege für die zugelieferten Teile? Ist die Produktion der Akkus für die E-Autos umweltschonend oder nicht? Ist der Strom, den man auf dem Produktionswege und später in der Nutzung verwendet, aus erneuerbaren Energien oder nicht? Wie viel wird gefahren? Wie wird gefahren? Wie gestaltet sich das Thema Entsorgung? Dies sind nur ein paar der Aspekte, die zu beachten sind, um eine faire Gegenüberstellung zu erarbeiten. Das Magazin Edison hat sich diese Mühe übrigens gemacht und auch darüber hinaus viel zum Thema zusammengetragen.
Natürlich ist auch das Thema Verbrennungsmotor versus Elektromotor nicht die einzige Perspektive. Viele Gegner der E-Mobilität begründen ihre Skepsis mit besseren Alternativen, wie zum Beispiel dem Wasserstoffantrieb. Aber da dieser derzeit noch nicht verfügbar ist – und es auch so schnell nicht sein wird –, ist diese Betrachtung eher theoretisch.
Für die individuelle Entscheidung spielen viele Aspekte eine Rolle
Möchte man sich selbst eine Meinung zum E-Antrieb bilden, dann gilt es, verschiedene Perspektiven einzubeziehen. Im Kern stehen zunächst das eigene Fahrverhalten und der jeweilige Bedarf. Ist man viel auf Kurzstrecken unterwegs? Benötigt man einen großen Innenraum? Verfügt man über einen festen Stellplatz mit Stromanschluss? Dies sind sicher relevante Fragen, wenn es um die Auswahl der Antriebsart geht. Ein zweiter sehr wichtiger Aspekt ist der Preis: Wie viel darf das Auto kosten? Wie viel Kosten sind mit dem Unterhalt verbunden? Wie sieht es mit Folgekosten aus – etwa durch eine geringe Akku-Lebensdauer? Geht die Kostenrechnung nicht auf, wird sich kaum jemand für das E-Auto entscheiden.
Erst danach stellen sich allgemeinere Fragen wie Lade-Infrastruktur, Umweltbilanz, Recycling und Produktionsbedingungen. Hier lohnt es sich ebenfalls, genau hinzuschauen, bevor man sich seriös für oder gegen einen E-Antrieb entscheiden kann. Eine gute Übersicht über die wichtigsten Fragen und Antworten bietet der ADAC .
Sicher wird es für viele auch von Interesse sein, das Thema Hybridantrieb in die engere Wahl zu ziehen. Gerade durch die aktuellen Steueranreize denken viele Käufer*innen über die Anschaffung eines solchen Fahrzeuges nach. Aber Hybridwagen ist nicht gleich Hybridwagen, und egal, welche Ausführung man nimmt: Es sind immer zwei Antriebsarten im Auto verbaut, was zu einer per se recht komplizierten Technik führt. Eine gute Erklärung, welche Hybrid-Arten es gibt und wie sie funktionieren, hat das Wissenschaftsmagazin Quarks zusammengestellt.
Nicht anders, sondern weniger fahren
Je mehr man sich mit dem Thema befasst, desto deutlicher wird: Es ist gar nicht so entscheidend, ob Autos künftig mit Elektro, Brennstoff, Wasserstoff oder einer Kombination daraus fahren. Entscheidender ist, welche Mobilitätskonzepte es insgesamt geben wird, um unsere Straßen zu entlasten und das Verkehrsaufkommen zu verringern. Denn am Ende landet man mit jeder Antriebsart im Stau.
Das Umdenken hin zu grundlegend neuen Mobilitäts- und Städtebau-Konzepten beginnt gerade, und es gibt die ersten spannenden Pilotprojekte. Sie zeigen auf, dass wir Mobilität komplett neu denken müssen und ein grundlegender Wandel angezeigt ist. Drei wichtige Trends lassen sich derzeit in diesem Zusammenhang ausmachen:
1. Mehr Regionalität bei der Versorgung
Lebensmittel, tägliche Verbrauchsgüter, Kleidung, Elektronik, Einrichtungsgegenstände etc. – beinahe alle Waren werden inzwischen global für uns produziert und angeliefert. Dies hat ein enormes Güter-Verkehrsaufkommen zur Folge. Möchte man diesen Warentransport reduzieren, ist eine Stärkung der regionalen Produktion unverzichtbar. Für Lebensmittel, Verbrauchsgüter, aber auch für Kleidung entwickeln sich dazu erste Trends: Die Supermärkte kennzeichnen und bewerben regionale Produkte; Trendgetränke „Made in Germany“ machen den internationalen Getränkemarken Konkurrenz; Biokosmetik aus Deutschland wächst; und die Anzahl deutscher Bekleidungsanbieter, die zumindest innereuropäisch produzieren, steigt ebenfalls an. Zwar sind diese Phänomene bisher nur kleine Leuchtfeuer, aber die Erkenntnis wächst: Der zunehmende Warentransport von A nach B lässt unsere Infrastruktur zusammenbrechen und forciert den Klimawandel drastisch. Entsprechend steigt der Wunsch der Verbraucher*innen nach regionalen Produkten immer stärker an.
2. Lieber ohne als mit eigenem Auto
Viele junge Menschen legen keinen gesteigerten Wert mehr auf ein eigenes Autos. Autos sind für die meisten kein Status-Symbol mehr, und man möchte sich damit nicht belasten. Mit Alternativen wie Car-Sharing, E-Bikes und E-Scooter, dem öffentlichen Personenverkehr oder Uber versuchen die jüngeren Generationen, dem individuellen Autoverkehr etwas entgegenzusetzen. In den Städten funktioniert dies schon recht gut, im ländlichen Raum ist der Autoverzicht deutlich schwieriger. Entsprechend gaben in einer Studie von 2018 nur noch 36 Prozent der 18- bis 25-Jährigen an, dass ihnen das eigene Auto sehr wichtig sei, im ländlichen Raum waren es immerhin noch 55 Prozent. Beide Werte liegen damit deutlich unter dem Schnitt der Gesamtbevölkerung mit 73 Prozent, die ein eigenes Auto für sehr wichtig halten.
3. Autofreie Städte
Immer mehr Städte versuchen, das Auto aus den Straßen zurückzudrängen und mehr Raum für Menschen zu schaffen. Es gibt eine Reihe von Modellversuchen, Pilotprojekten oder Stadtplanungsvorschlägen in Europa. Sie alle haben das gleiche Ziel: Weniger Autos in den Städten, mehr Ruhe und Platz für den Menschen. Die Ansätze sind dabei ganz unterschiedlich. Es gibt autofreie Zeiträume, teilweise Straßensperrungen, die Umwandlung von Auto- in Radspuren und viele Ideen mehr. Aber egal, welcher Weg eingeschlagen wird: Fast immer können anfängliche Bedenken aus dem Weg geräumt werden, und die Zustimmung der Bevölkerung ist groß.
Für eine flächendeckende Einführung solcher Modelle ist es natürlich notwendig, die ÖPNV-Angebote entsprechend auszubauen und attraktiver zu gestalten. Aber auch hier zeigen sich erste Initiativen.
Spannende Perspektiven
Egal, was sich am Ende durchsetzt. Die Zukunft der Mobilität wird derzeit in vielen Bereichen auf den Prüfstand gestellt, und es kommt spürbare Bewegung in das Thema. Die Welt wird bunter, wenn es um Konzepte geht, und damit besteht die Chance für ganz neue Ideen. Wir können gespannt sein, was die kommenden Jahre bringen werden.
Das Thema ist in der Tat so hochgradig komplex, dass ein Blogartikel allen Argumenten kaum gerecht werden kann. Da reicht ja selbst eine Doktorarbeit nur eben so, zumindest alle Blickwinkel einmal einzunehmen.
Wie auch im Artikel aufgegriffen wird, ist weniger das Antriebskonzept, denn vielmehr die Verkehrsmittelwahl in Zukunft für den Einzelnen zu überdenken. Und damit kommen wir dann auch wieder zum Angebot von ÖPNV, Sharing Modellen und der Infrastruktur für Radfahrer. Betrachtet man dann noch die beiden stark unterschiedlichen Voraussetzungen, die wir in Deutschland in ländlichen Räumen und in Ballungsgebieten haben, sieht man schon, dass hier ein Schwarz/Weiß-Denken oder das Verteufeln von konventionellen Antrieben uns nicht weiterbringen wird.
Besinnen wir uns auf die Innovationsfähigkeit unserer Industrie, die Automobilbranche war 1890 auch keine Schlüsselindustrie ;-)
Kein einfaches Thema. Jetzt alle Hoffnungen auf E-Autos zu legen, ist meiner Ansicht nach viel zu kurz gedacht – insbesondere, da wir schon jetzt um die Probleme auch bei dieser Technik wissen. Richtig finde ich es, wie die Autorin schreibt, einfach unsere Handlungen zu überdenken und nur dann mit dem Auto zu fahren, wenn es wirklich notwendig ist. Dennoch können Entscheidungen hierzu nicht in der Verantwortung und dem Gutwillen des Einzelnen liegen. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die es zu stemmen gilt. Das heißt: Alle – Politik, Wirtschaft und Individuen – müssen gemeinsame Ziele und Handlungen entwickeln.