Alle reden von der Jugend. Ständig gibt es neue Untersuchungen, wie die Jugend tickt. Ständig ändern sich die Ergebnisse. Kein Wunder, stecken die Jugendlichen doch in der Lebensphase mit den meisten Umbrüchen und Veränderungen. Aber wie geht es den Menschen, die mitten im Leben stehen? Das hat uns neugierig gemacht und wir haben gemeinsam mit dem Meinungsforschungsinstitut forsa die große Mittelschichtstudie aufgelegt.
Die Planung der Mittelschicht-Studie
Mit vielen Leuten haben wir zusammengesessen und in mehreren Arbeitsrunden die Fragen formuliert. Dann wurden die Fragen in eine statistisch auswertbare Form gebracht, um in computergestützten Telefoninterviews (CATI) zu auswertbaren Ergebnissen zu kommen. Bevor es „ins Feld“ ging, musste noch eine entscheidende Frage geklärt werden. Wer ist eigentlich die Mittelschicht? Fragen über Fragen – Wie grenzt man die Mittelschicht ein? Nach Status, Alter, Beruf, Familienstand, Besitz? Zählen wir uns selber dazu? Nicht so einfach – also haben wir die Statistiker gefragt. Die haben bewertet und nach den Kriterien Bildung, berufliche Stellung und Haushaltseinkommen die Mittelschicht eingegrenzt. Über 50 Prozent der Bevölkerung zählen dazu – eine ganze Menge. Danach konnte telefoniert werden. Etwa 1.000 Menschen, repräsentativ ausgewählt, wurden angerufen, um den Fragebogen durchzugehen. Die erste Studie wurde 2011 aufgelegt, jetzt haben wir noch mal nachgefragt.
Zufrieden – aber Angst vor Pflegebedürftigkeit und Altersarmut
Das eindeutige Ergebnis: Die Mittelschicht ist nach wie vor zufrieden und blickt optimistisch in die Zukunft – je jünger die Befragten, umso optimistischer. Es besteht ein sehr ausgeprägter Kinderwunsch, der allerdings nicht immer realisiert wird. Angst hat man vor Pflegebedürftigkeit und Altersarmut. Die Diskussionen in der jüngeren Zeit haben wohl ihre Spuren hinterlassen. Die Nutzung sozialer Netzwerke hat im Vergleich zu 2011 deutlich zugenommen, die Schaffung eines Bildungssystems hat nach wie vor oberste Priorität.
Vorbilder der Mittelschicht: Eltern ganz vorne, Helmut Schmidt vor Jesus Christus
Das ist schon ein Knaller. Die eigenen Eltern werden von 18 Prozent der Befragten als Vorbilder gesehen, alle anderen wie Bruder, Schwester oder Bekannte spielen keine Rolle. Nach Personen rangiert Helmut Schmidt deutlich vor Jesus Christus, alle anderen Nennungen waren irrelevant. Allerdings – nur 39 Prozent der Befragten gaben an, überhaupt Vorbilder zu haben. Die Mittelschicht ist wohl eine sehr selbstbewusste Schicht.
Die Ergebnisse haben wir jetzt in einer Pressekonferenz in Köln vorgestellt. Das Medieninteresse war groß, während der Veranstaltung gab es eine Debatte, ob „Deutschland total satt“ sei. Vielleicht eine etwas radikale These, Zufriedenheit bedeutet ja nicht gleich Sattheit. Im Gegenteil – die Mittelschicht zeigt sich interessiert, optimistisch und engagiert – und das ist immerhin mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Ob das so bleibt? Wir werden in zwei Jahren wieder nachfragen.
Ein paar ideelle Vorbilder würden schon gut tun. Ob das gerade Helmut Schmidt sein muss, der ständig an der Zigarette quarzt und beseerwisserisches Zeug von sich gibt, sei dahin gestellt. Dass aber Schmidt vor Christus genannt wird, finde ich unvorstellbar. Wie wurde das erhoben – als freie Frage oder war das zum ankreuzen??
Hallo Susanne, die Befragten konnten frei antworten, Vorgaben waren nicht gemacht.
Schön geschrieben, Herr Dr. Surmann. So kann man sich auch mal dazu hinreißen lassen, eher trockene Themen anzugehen. Weiter so!
Ein Politiker vor Jesus Christis? Ich versteh die Welt nicht mehr.