Sonntagmorgen, endlich ausschlafen. Vorfreude auf ein Frühstück mit frischen Brötchen und ganz viel Ruhe, bevor die neue Woche wieder startet. Und dann: ein angelassener Rasenmäher zersprengt das frühmorgendliche Idyll. Oder: laute Kinderstimmen und Getrampel von oben. Viele kennen es, gerade Bewohner eines Mehrfamilienhauses: Man wohnt halt nicht allein, muss sich den Wohnraum mit anderen Haushalten und anderen Tagesrhythmen teilen. Der eine Nachbar spielt etwa den ganzen Tag Klavier, der andere lässt seine Kinder auch zur Nachtruhe wild umhertollen, schneidet nie seine Bäume, raucht auf dem Balkon, hat dauernd Freunde zu Besuch, trennt den Müll falsch, parkt zu ausladend oder dekoriert den Hausflur ganz scheußlich. Aufreger gibt es viele. Aber beschweren? Diesen Schritt gehen nur die Wenigsten, das zeigt die diesjährige Gothaer Nachbarschaftsbefragung in Zusammenarbeit mit forsa.

Die Top-Drei der größten Aufreger

Die Kurzbefragung ergab: Nur 32 der Befragten haben sich schon einmal bei ihren Nachbarn über deren Verhalten beschwert. Bei allein neun Prozent ging der Ärger sogar über eine Beschwerde hinaus und es gab zum Beispiel rechtliche Schritte. Machen also die meisten nur die Faust in der Tasche und ärgern sich still und leise?

Gründe zum Aufregen gibt es genug. Die Gothaer fragte ihre Studienteilnehmer, über welche drei Vorkommnisse sie sich am ehesten beim Nachbarn beschweren würden. Der Spitzenreiter bei den Ärgernissen: Lärmbelästigung (53 Prozent) also zu laute Musik, ein plärrender Fernseher, durchdringende Gespräche, Trittgeräusche, Kinderspiele oder gar die Bohrmaschine – alles Lärmursachen, die schnell in die eigene Wohnung geschallt sind. Wenn die Geräuschkulisse dann noch länger anhält oder gar die Nachtruhe stört, ist der Ärger groß. Aber noch weitere Gründe zur Beschwerde gibt es: falsch geparkte Autos zum Beispiel (31 Prozent Angabe) oder Belästigung durch Rauch (29 Prozent) komplettieren die Top-Drei der größten Aufreger durch die Nachbarn. Es folgen weitere Gründe wie störende Haustiere (16 Prozent) oder die Nichteinhaltung der Hausordnung bzw. der Nachbarschaftspflichten (15 Prozent).

Interessant: Das Klischee des sich immer beschwerenden Älteren scheint nicht ganz zu stimmen, denn die Gothaer Kurzbefragung ergab, dass die 30- bis 44-Jährigen am beschwerdefreudigsten sind. Allerdings waren die über 60-Jährigen diejenigen, die am häufigsten schon einmal rechtliche Schritte eingeleitet hatten.

Mehr Ärger durch Home-Office?

Nun hat sich seit 2017 im Hinblick auf die Wohnsituation ja vor allem eines geändert: Im Jahr 2020 befinden sich viele Arbeitnehmer durch die Corona-Pandemie im Home-Office. Nehmen sie ihre Nachbarn dadurch vermehrt wahr und ärgern sich zum Beispiel über Lärm, den sie sonst nicht mitbekommen haben? Scheinbar nein, denn nur neun Prozent der Befragten, die aktuell im Home-Office arbeiten, stören sich jetzt mehr an ihren Nachbarn als vorher.