„So hat man früher Musik gehört?“ Ungläubig, fast mitleidig schüttelt meine Tochter den Kopf und blickt etwas irritiert auf den Schallplattenspieler. Eine riesige schwarze Scheibe, ein wackeliger Tonarm, eine Nadel und alles ganz vorsichtig zu behandeln – so hat man tatsächlich früher Musik gehört. Völliges Erstaunen kam dann auf, als auf dieser vermeintlich riesigen Scheibe die Musik schon nach 20 Minuten vorbei war. Immerhin konnte man ja die Rückseite noch nutzen. Doch die Zeiten ändern sich.
Vinyl-Schallplatten als Gewinner
Je digitaler das Geschäft wurde, desto mehr wurde Musik zur Massenware. Die Speicherkapazität von CD zur DVD zur BlueRay bis hin zum MP3-File hat sich immer weiter nach oben entwickelt. Im iPod trägt man die ganze Musiksammlung mit sich herum. Das ist oft so viel Musik, dass man manches niemals zu hören bekommt. Doch wer hat hier im Laufe der Zeit gewonnen oder verloren? Plattengeschäfte, CD-Läden und Videotheken werden als die großen Verlierer der Digitalisierung bezeichnet.
Ein Schallplattenladen in Köln
Wie es wirklich vor Ort aussieht, hat die Journalistin Lisa Kolde in Köln recherchiert (Quelle: rheinvernetzt). Die überraschende Erkenntnis: „Vor sechs, sieben Jahren gab es im Underdog Recordstore noch genau so viele CDs wie Platten. Mittlerweile hat sich das Verhältnis dramatisch verändert: Die silbernen Datenträger machen nur noch ein Viertel des Bestandes aus. Trotzdem läuft es für Lars Hoffmann, der den Laden am Hansaring seit 15 Jahren betreibt, besser als je zuvor. Der Grund dafür: Seit einigen Jahren floriert das Geschäft mit Vinyl-Platten wieder.“ Das Fazit: Der Plattenspieler in der Ecke gilt wieder als hip, wie Lars Hoffmann feststellt.
Schallplatten sind Liebhaberstücke
Zäh wie gewohnt reagiert die Musikindustrie. Nachdem man sich quälend langsam mit der MP3-Welle arrangiert hat, springt man langsam wieder auf den Vinyl-Zug auf. So wurde das neueste Album von Lana del Rey „Born to die“ auch auf Vinyl veröffentlicht. Der Liebhaberstatus wird gleich mitgeliefert – die Vinylausgabe ist dreimal so teuer wie die MP3-Version. Für diesen Status steht auch Andreas Bauer. Er betreibt eine Schallplattenmanufaktur in Bayern, mit der Schallplattenpresse Toolex Alpha presst er die Rillen auf die schwarzen Tonträger, die später über eine Nadel zum Musikgenuss werden.
Übrigens: Die Schallplatte wurde gerade 125 Jahre alt, im Jahr 2013 stieg die Zahl der verkauften Vinyl-Tonträger in den USA um 33 Prozent auf 6,1 Millionen Alben an, während MP3-Downloads erst einmal um ein Prozent auf 117,5 Millionen Alben zurückgingen (Quelle: musikmarkt). Auch in anderen Ländern zeichnet sich ein ähnlicher Trend ab. Und wie hören wir jetzt Musik?
Links zum Thema:
Der letzte Schallplattenmacher
Eines der letzten Presswerke in Europa
Das weckt nostalgische Gefühle.man sollte sich zuhause mal wieder einen Musikabend mit der Riesenanlage, den hüfthohen Boxen und dem knisternden Plattenspieler gönnen. Ist urgendwie bewusster so.
Das spricht mir aus dem Herzen. Der Beitrag hat mich angeregt, mal in dem Kölner Laden zu stöbern. Toll!