Irgendwie gehört hat es jeder schon mal. Sharing Economy oder das große Teilen. Was zunächst in Studentenkreisen als Wohnform der WG begonnen hat, erfasst inzwischen die ganze Wirtschaft, Das Prinzip ist denkbar einfach: Man will Dinge nicht mehr besitzen, sondern nutzen, wenn man sie braucht. Es geht nicht mehr um Eigentum, sondern um Zugang zu Sachen und Dienstleistungen – und zwar genau dann, wann und wo man es will. Dieser Trend erfasst mittlerweile die gesamte Gesellschaft und stellt das Wirtschaftssystem auf den Kopf. Man staunt nur noch, was alles geteilt wird.
Sharing als Ausgleich fehlender Nähe?
Warum der Trend des Sharing boomt, darüber machen sich viele Wissenschaftler Gedanken. Da ist zunächst einmal das Internet. Das US-Magazin Wired meint, die Sharing Economy habe es geschafft, dass Menschen einander wieder mehr vertrauen, dass sie wieder an das Gute im Menschen glauben. Gleichzeitig berichtet Wired von einer Untersuchung des National Research Opinion Center, dass das Vertrauen zwischen den Menschen zwischen 1972 und heute deutlich gesunken ist. Das Fazit: Durch Sharing werde die an sich fehlende Nähe zwischen den Menschen ausgeglichen.
Sharing aus der Not heraus geboren?
Vielleicht kann man aber auch sagen, dass viele der Sharing-Communities und StartUps aus der Not geboren sind. In den Innenstädten gibt es keine Parkplätze mehr, Autos werden immer teurer und verlieren ihre Bedeutung als Statussymbol – warum dann nicht teilen? Selbst Autokonzerne wie BMW (drive now) oder Daimler (car2go) steigen in dieses Geschäft ein. Immerhin stehen Autos die meiste Zeit ungefahren herum und kosten Geld. Oder man betrachte die Wohnraumsituation. Wer in Urlaub fahren will, mietet sich mal schnell über private Vermittlungsportale wie airbnb bei Privatleuten ein. Und so geht es weiter, bei Uber steigt man in Privatautos von fremden Leuten, bei Zilok kann man etwa Nachbarn aufstöbern, die ihre Bohrmaschine oder ihr Batterie-Starterkabel billig vermieten. In den USA kann man sich über City Dog Share sogar einen Hund teilen. Über Lending Club kann man Kredite geben oder nehmen, die Website Feastly vermittelt fremde Hobbyköche, in deren Wohnzimmer man sich gegen kleines Geld zum Dinner einladen kann.
Auch Versicherungen kann man teilen
Auch Versicherungen sind von dem Trend erfasst. Bei Friendsurance schließen sich Versicherte zu kleinen Gruppen zusammen. Von den gezahlten Versicherungsbeiträgen fließt ein Teil in einen Topf. Wenn kein Schaden passiert, bekommt jeder einen Teil aus dem Topf als Rückzahlung wieder. Schließlich muss man noch die große Zahl an Bewertungsportalen dazu rechnen, hier teilt man seine Erfahrungen mit der Community, die sich bei Kaufentscheidungen gerne davon beeinflussen lässt.
Die etablierte Gesellschaft zieht die juristische Keule
Die Auswirkungen auf die bestehenden Wirtschaftssysteme sind enorm. Mit juristischen Mittel wird hier um jeden Millimeter gerungen. Hotel-Lobbyisten versuchen, die Städte dazu zu bringen, Kurzzeit-Untermieten bei airbnb zu verbieten, Taxigesellschaften kämpfen vor Gericht gegen Uber und auch die Finanzämter sind schon hellhörig geworden, ob hier nicht in Scharen Gewerbebetriebe entstehen, die sich selber aber nicht als solche wahrnehmen. Hier stellt sich die Frage, ob man mit nationalen Verboten diesen Trend aufhalten kann, der gerade durch das Internet eine rasante, weltumspannende Verbreitung findet.
Spannend wird die Zukunft – setzt sich die Sharing-Kultur durch oder wird man wieder mehr auf den eigenen Besitz setzen? Fördert Sharing den zwischenmenschlichen Kontakt oder ist es eine neue Form des Kapitalismus, nur hipper? Was meint Ihr?
Links zum Thema:
Uber vor Gericht
Deutsche Städte kämpfen gegen airbnb
Wie sich die Einstellung zu Besitz ändert
Wiresd: Trust in the shared economy
Links zu Sharing-Portalen:
airbnb
drive now
car2go
uber
zilok
citydogshare
lending club
feastly
friendsurance
Das Foto ist ja süß
Hey ich hatte viel mehr geschrieben. Wo ist das??
Hallo Vanessa, keine Ahnung, hier ist nicht mehr angekommen. Was hattest du denn geschrieben?
du bist aber schnell :-) ich hatte geschrieben, dass ich mitwohn- und mitfahrzentrale mache. wenn auto dann nur carsharing. den artikel hast du gut geschrieben, regt zum nachdenken an!
:-) und danke!
Wenn ich mal psychologisch mutmaßen darf, dann glaube ich, dass der Trend zum Sharen auch damit zu tun hat, dass materielle Dinge für uns an Bedeutung verlieren. Ich kann mich noch erinnern, wie viele Studien vor zehn Jahren noch der Frage nachgingen, warum niemand auf Fahrgemeinschaften geht und jeder individuell sein eigenes Auto möchte. Als Statussymbol, privaten und selbstgestalteten Rückzugsraum etc. Das ist alles nicht mehr wichtig inzwischen. Das Auto als Besitz ist insgesamt uninteressanter geworden. Im Gegenzug wird die Entlastung durch Nicht-Besitz attraktiv, weil wir alle im Überangebot der Möglichkeiten ein Zeit- und teilweise auch Geldproblem haben. Man möchte/kann nicht dauerhaft belastet sein durch ein Auto oder einen eigenen Hund. Aber verzichten möchte man auf diese Möglichkeit dennoch nicht ganz. Da hilft Sharing.