Heute sprießen sie nur so aus dem Boden – die Start-ups. Dass aus einer guten Idee ein großer, erfolgreicher Konzern werden kann, zeigt die Geschichte der Gothaer. Der Kaufmann Ernst Wilhelm Arnoldi aus dem thüringischen Gotha wollte im Jahre 1820 seine Waren vor Brandfällen schützen. Er kam auf die Idee, mit der „Feuerversicherungsbank des Deutschen Handelsstandes“ für Kaufleute einen Versicherungsverein zu gründen, bei dem alle gemeinsam die Last des Einzelnen tragen. Bekanntermaßen ist geteiltes Leid halbes Leid.

Das bemalte Feuerversicherungsschild der Gothaer

Das dachten sich auch schon vor mehr als 4.000 Jahren die Babylonier. Damals verpflichteten sich die Teilnehmer an Karawanen, alle Schäden gemeinsam zu ersetzen, die einem Teilnehmer dieser Reisegesellschaften entstanden. Auch zu Zeit Karls des Großen mussten sich Mitglieder einer Gilde bei Schiffs- oder Brandunfällen gegenseitig helfen. Aus dem gemeinschaftlichen Schutz entwickelte sich später die bezahlte Risikoabsicherung. Zu Zeiten Klaus Störtebekers (14. Jahrhundert) sicherten sich Schiffsbetreiber mit der Seeversicherung vor Piraten oder Unwettern ab. Im 16. Jahrhundert blühte neben der Seefahrt der Städtebau aus Holz – einem Material, was wie Zunder brennt. In dieser Zeit entstand das Konzept der heutigen Gebäudeversicherung: In Brandgilden half man dem anderen nicht nur mit Wasser und Eimer, sondern auch finanziell.

Die Idee: Gegenseitige Hilfe und Solidarität

Auch zur Arnoldis Zeiten war der Gedanke gegenseitiger Hilfe so erfolgreich, dass er nur sieben Jahre später die „Lebensversicherungsbank für Deutschland“ gründete. Auf die Idee einer Lebensversicherung kamen übrigens die Babylonier nicht. Erst nach dem tödlichen Arbeitsunfall eines jungen Handwerkers 130 n. Chr. gründete die für ihn zuständige Gemeinde einen Begräbnisverein, um für eine würdevolle Bestattung ihres Mitglieds zu sorgen. Selbst im finsteren Mittelalter entwickelte sich die Lebensversicherung weiter: Manch wohlhabender Zeitgenosse schenkte seinen Besitz Klöstern. Wurde der edle Spender krank oder erwerbsunfähig, sorgte das beschenkte Kloster mit einer Leibrente für die Altersversorgung. Die Versicherungsmathematik und gleichzeitig die moderne Lebensversicherung entstammt ausgerechnet dem Glücksspiel im 17. Jahrhundert: Die französischen Mathematiker Blaise Pascal und Pierre de Fermat suchten nach einem Weg, ihre Chancen am Roulettetisch zu erhöhen und entwickelten die Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Die erste Feuerprobe

 

Die Gothaer war so erfolgreich, dass nur sieben Jahre später die „Lebensversicherungsbank für Deutschland“ konstituiert wurde. Schon 22 Jahre nach Gründung durchlebte die Versicherungsbank im wahrsten Sinne des Wortes ihre erste „Feuerprobe“: Beim großen Hamburger Brand 1842 wurden zahlreiche Gebäude zerstört, über 20.000 Menschen wurden obdachlos. Die Gothaer war die Versicherung, die am stärksten von dem Schaden betroffen war. Dennoch gelang es Arnoldis Nachfolger Gustav Hopf mit seinen Mannen, die für damalige Zeiten enorme Versicherungsleistung von 1,4 Millionen Thalern zu zahlen.

Der Gründer der Gothaer Ernst Wilhelm Arnoldi

Es folgten weitere Unternehmensgründungen wie die „Gothaer Transport-Versicherungsbank“ und die damalige „Gothaer Allgemeine“, die zu einer deutlichen Ausweitung des Versicherungsbetriebes führten. Auch die beiden Weltkriege überlebte die Gothaer unbeschadet. Arnoldis Versicherungsbank ließ sich nicht kleinkriegen. So folgte die Gründung der „Gothaer Allgemeine Versicherungs-Aktiengesellschaft“, der „Gothaer Transport-Versicherungsbank“ und – nach Sitzverlegung der „Gothaer Feuer“ nach Köln – die Gründung der „Kölnischen Sachversicherung“ und der „Gothaer Krankenversicherung AG“, ebenfalls in Köln. Im Jahr 2001 wurden die vier rechtlich selbstständigen Versicherungsvereine „Gothaer Versicherungsbank VVaG“, „Gothaer Lebensversicherung a.G.“, „Berlin-Kölnische Krankenversicherung a.G.“ und „ASSTEL Lebensversicherung a.G.“ zu einem Unternehmen verschmolzen.

Arnoldis Grundgedanke wurde bewahrt

Bis heute hat die Gothaer Arnoldis Grundgedanken der gegenseitigen Hilfe und Solidarität zwischen den Mitgliedern bewahrt: Die Versicherten sind gleichzeitig Eigentümer des Unternehmens. Ähnlich wie bei genossenschaftlichen Banken existieren keine ausschließlich Kapital gebenden Eigentümer, weshalb eine kontinuierliche und von Eigentümerinteressen unabhängige Geschäftspolitik im Interesse der Mitglieder garantiert ist. Ganz in Arnoldis Sinne! Denn:

„Man fördere Ehefrieden, Erwerbslust, Ordnung und Sparsamkeit des Einzelnen und das Ganze wird von Wohlsein und Reichtum zeugen.“

Ernst Wilhelm Arnoldi, Gründer der Gothaer